Hauptteil
In der Spätantike befanden sich die heidnischen Nekropolen des Bozner Talkessels außerhalb der bewohnten Gebiete, in der Nähe der wichtigeren Ausfallstraßen. Dies bezeugt beispielsweise die im Jahr 1948 unter dem Dom gefundene Stele des Secundus Regontius (Ende 3.-Anfang 4. Jh. n. Chr.), die derzeit im Stadtmuseum aufbewahrt wird. Seit dem Frühmittelalter wurde dann inner- wie außerhalb christlicher Kultbauten bestattet.
Zeugnis davon legen die Grabmäler aus dem 6./7. Jahrhundert bei der St.-Vigil-Kirche auf dem Virgl, jene aus dem 9. und 10. Jahrhundert unter der Alten Grieser Pfarrkirche sowie die Spuren einer weiteren Begräbnisstätte in der Nähe des heute nicht mehr existierenden St.-Oswald-Kirchleins (10.-12. Jh.) ab. Die älteste urkundlich bezeugte innerstädtische Nekropole findet sich bei der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt und datiert in das letzte Viertel des 11. Jahrhunderts. Im Jahr 1174 erhielt auch das Augustinerchorherrenstift St. Maria in der Au das Bestattungsrecht. Allerdings wurde das Stift in der Bozner Au bereits Anfang des 15. Jahrhunderts nach Gries transferiert und seine baulichen Überreste in der Alessandriastraße erst 1986 im Zuge von Ausgrabungsarbeiten teilweise wieder freigelegt.
In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfügten über einen eigenen Friedhof nicht nur die städtische Marienpfarrkirche, sondern auch die St.-Afra-Kapelle (1237 erwähnt), die Quirinus-Kapelle (1237), die St.-Georgs-Kapelle (1237), die St.-Johann-Kirche im Dorf (1238), die St.-Marx-Kapelle (1242), die St.-Ulrich-Kapelle und das vom Deutschen Orden geleitete Hospital zum Hl. Johannes dem Evangelisten an der Eisackbrücke (1242). Im Jahr 1283 ist der Friedhof der Franziskaner urkundlich bezeugt, 1319 auch jener der Dominikaner, der sich auf dem heutigen Dominikanerplatz befand. Im Laufe des 14. Jahrhunderts wählten bedeutende Bozner Familien (Niederthor, Heilwiger, Rossi-Botsch, Obertor, Vintler, Rafenstein und andere) das Dominikaner- und das Franziskanerkloster sowie die Stadtpfarrkirche als repräsentative Orte für ihre Grabstätten aus und ließen entsprechende Grabkapellen mit gemauerter Grabkrypta oder rechteckigen Schachtgräbern errichten. Häufig sind diese mit Sandstein- oder Marmorgrabplatten verschlossen, auf denen zumeist Inschriften und Wappen vom jeweiligen Besitzer künden. Ab dem Jahr 1431 ist im Garten des städtischen Pfarrhauses ein jüdischer Friedhof belegt, der anfangs des 17. Jahrhunderts nach Oberau unterhalb der Haselburg verlegt wurde. Ab 1434 ist der freithoff rings um die Alte Grieser Pfarrkirche urkundlich erwähnt, der bis zum heutigen Tag erhalten ist, aber nicht mehr neu belegt wird. In Gries wurde des Weiteren im Jahr 1886 außerhalb des bewohnten Gebietes ein zweiter (neuer) Friedhof errichtet, der 1935 geschlossen und 1957-58 schließlich vollkommen entfernt wurde.
In der Zeit von der Gotik bis zum Klassizismus entstanden zahlreiche Grabsteine, Epitaphe und Grabdenkmäler zum Gedenken an Adelige und Handelsleute, Militärs und Kirchenmänner, Bankiers und Handwerker, Augustinerpröpste von Gries und Deutschordensritter. Mehr als fünfzig davon sind noch heute erhalten. Im Jahr 1782 befahl der österreichische Kaiser Joseph II. erneut, die Verstorbenen in Friedhöfen außerhalb der bewohnten Siedlungen beizusetzen und dehnte diesen Erlass auch auf die Klöster aus. Die Schließung des alten Friedhofes rings um die Stadtpfarrkirche erfolgte jedoch erst im Jahre 1827, als ein neuer Friedhof eingeweiht wurde. Entgegen den Anordnungen Josephs II. und jenen des napoleonischen Edikts von Saint-Cloud vom 12. Juni 1804, das Bestattungen fern von bewohnten Gebieten, an sonnigen und gut belüfteten Orten vorsah, beschloss man in Bozen, den neuen Friedhof nicht weit vom alten, und zwar nur wenige Schritte von der Propstei entfernt, zu errichten. Die im Jahr 1826 vom roveretanischen Architekten Giambattista Tacchi entworfene Anlage wurde im November 1827 fertiggestellt. Der neue Friedhof mit viereckigem Grundriss wurde von 104 Arkaden gerahmt, wovon 84 für Familiengräber, verdienstvolle Bürger der Stadt und den Klerus vorgesehen waren. Die Anlage umfasste eine - früher mit Rebanlagen bestandene - Fläche von 11.130 Quadratmetern, die durch zwei Alleen in vier gleich große Felder gegliedert war. In den Jahren zwischen 1832 und 1836 wurden zwölf Arkaden vom Trentiner Maler Giuseppe Craffonara (1790-1837) und seinem Schüler Basilio Armani (1817-1899) mit Fresken ausgestattet, weitere Arkaden wurden vom Bozner Künstler Joseph Arnold (1788-1879) ausgemalt. Dieser hatte bereits im Jahr 1830 die Hauptarkaden bemalt und wurde 1838, nach Craffonaras Tod, mit der Vollendung des Werkes beauftragt.
Kurz vor den angloamerikanischen Bombenangriffen im Jahre 1943, die den Friedhof stark in Mitleidenschaft zogen, wurden einige Szenen des klassizistischen Craffonara-Zyklus von den Wänden abgelöst und ins Stadtmuseum gebracht, wo sie seither aufbewahrt werden. 1858 plante der städtische Architekt Sebastian Altmann (1827-1894) wenige Meter von der nordwestlichen Ecke des Friedhofs entfernt eine Leichenkapelle im Neorenaissance-Stil, die vier Jahre später von Giacinto Laitempergher aus Folgaria erbaut und am 2. September 1943 durch einen Fliegerangriff zerstört wurde. Im 19. Jahrhundert wurde der Friedhof um zahlreiche Grabdenkmäler bereichert. Diese wurden von den Boznern Anton Rainalter (1788-1851) und Franz Rainalter (1820-1874), unter anderen für die Familien Giovanelli, Kinsele, Kößler, Toggenburg, sowie von Heinrich Natter (1844-1892), Andreas Kompatscher (1864-1939) und weiteren Künstlern gestaltet - einige der Grabmäler sind in Gries und in Oberau noch erhalten. In den Jahren 1928-1930 wurde schließlich der städtische Friedhof in Oberau direkt neben dem jüdischen und evangelischen Friedhof angelegt. Südlich davon, in der Ortschaft Sankt Jakob an der Grenze zur Gemeinde Leifers, wurden Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise zu Anfang des 20. Jahrhunderts die Soldatenfriedhöfe und der Pfarrfriedhof von Sankt Jakob errichtet.
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Historische Stätten und Objekte